\\\ weichfest /// |
weichfest, 9. Januar 2004 um 22:30:19 GMT nachruf auf das wunderbarste cafe der welt stellen sie sich das cafe hawelka so vor, wie sie es sich wünschen: mit freundlichen besitzern, wunderbaren mehlspeisen und dezenter, geschmackvoller und vor allem gemütlicher einrichtung; mit inhabern, die sie nicht gleich rausstampern, wenn der kaffeesud in ihrer tasse schon eintrocknet, sondern, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, ihnen einen krug christallklaren wiener leitungswassers hinstellen. ohne etwas dafür zu verrechnen. kurz, stellen sie sich das ideale kaffeehaus vor. das war das cafe jelinek. das war das cafe jelinek des ehepaares knapp. jetzt sind die knapps in pension gegangen. ohne große ankündigung. "geschlossen bis 7. jänner" stand da seit einiger zeit an der verschlossenen tür zum windfang. auch wenn man es schon ahnte. die knapps haben das lokal weitergegeben. es erfüllt mit wehmut. wenn man die zwei türen zum cafe jelinek geöffnet hatte, betrat man eine andere welt. heilige ruhe erfüllte den raum. der atem wurde ruhiger, die gedanken wieder eingeholt. "wer es eilig hat, wird nicht bedient", stand an der wand. und wirklich: wer bei frau knapp auf's zahlen drängte, dem konnte schon passieren, dass er partout nicht beachtet wurde. umso liebevoller und aufmerksamer widmete sich frau knapp den gästen, die die athmosphäre zu schätzen wussten. nach längerem studium der züge neuer gäste wurde versucht, ihnen die wünsche vom gesicht abzulesen: "sie schaun mir aus wie ein tee-trinker". und im sommer gab's einen krug wasser nach dem kaffee. und die zitronen mit nelken gegen die wespen. und die gemütlichen grünen samtsitze. und das knistern des ofens. und die postkarten an der wand zur küche. die künstler-porträts an den wänden. der erhöhte, mit einer kordel abgesperrte teil des cafes, wo nur auserwählte sitzen durften. das wasser, das sie vierbeinigen gästen brachte. die hohen marmortische. und die liebe, mit der sie von den mehlspeisen ihres konditormeisteres und ehemannes sprach: "das ist ein polsterzipf. das ist was ganz feines. das gibt's bei uns nur im winter." es war der letzte winter, in dem man polsterzipfe des herrn knapp genießen durfte. und der cappuccino! zwei teile kaffee, ein teil kaukau. jetzt wurde das cafe neu übernommen. eine große scheu hab' ich beim gedanken, nicht frau knapp, sondern irgendwer anderer würde mich begrüßend mustern. die frau im weißen kittel. keine minute im jeli war verlorene zeit. man war bei sich. dank den knapps. es hat sich ja schon abgezeichnet - und es schmerzt. eine welt geht unter. wir werden sie vermissen. und den haus-cappuccino. und den krug leitungswasser im sommer, unaufgefordert. und die polsterzipf' und die beerentorte und den guglhupf. und das lächeln der frau knapp, durch die leicht nach unten gerückte brille, mit verständnisvoll zur seite geneigtem kopf. in der erinnerung wird es weiterleben.
meisterkoechin, 09.01.04, 23:50
:( ... Link ... Comment
kohlehydrat, 10.01.04, 00:20
was!?! [nachtrag] ... Link ... Comment
weichfest, 13.01.04, 21:51
heute fast hingegangen, nicht getraut, dafür kamera zur reperatur. im übrigen, bernhard hat recht mit allem, was er über österreich sagt. sh: "korrektur" ... Link
deedee523, 05.02.04, 15:09
ich les´das erst jetzt. und bin erschüttert. danke für den wunderschönen nachruf. ... link
weichfest, 06.02.04, 21:32
vor ein paar tagen bin ich sogar hin. und, wie eine freundin zurecht sagte: wie auf einem begräbnis. ein lebloser körper, dem der geist entwichen ist. die neuen sind sehr bemüht, muss man schon sagen. aber: sie wussten nicht mal, wie der knapp-cappuccino geht (mit heißer schoko nämlich)... ... link ... Comment |
weichfest.at
online for 8304 Days
last updated: 19.02.19, 07:32 Youre not logged in ... Login
|